Entscheidendes Element

Wasserstoff ist das Element der Zukunft und soll Wind- sowie Sonnenstrom speichern. Die Strategien für die Transformation sind von Land zu Land anders. Wir stellen sie vor. Diesmal: die Vereinigten Arabischen Emirate.

April 2022
Autorin: Heena Nazir

Wasserstofftank des Green Hydrogen Project im Solarpark Mohammed bin Rashid Al Maktoum in Dubai. Die Emirate setzen voll auf das Gas, das sie in großem Stil mit erneuerbaren Energien erzeugen wollen. © picture alliance/photothek/Ute Grabowsky

Wenn Wasserstoff das neue Öl ist, haben die Vereinigten ­Arabischen Emirate (VAE) alle Voraussetzungen, um künftig eine führende Rolle in der weltweiten Versorgung mit Energie zu spielen. Sowohl im Bereich des blauen Wasserstoffs als auch hinsichtlich grünen Wasserstoffs gilt: Expertise, Infrastruktur und Beziehungen vor allem zu asiatischen Energieimporteuren sind längst vorhanden. Der Energiewende steht kaum etwas im Wege.

Die staatliche Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) stellte im November 2020 in einem Fünfjahresplan vor, wie sie sich auf die Zukunft vorbereitet. Die Produktion und der Export von blauem Wasserstoff stehen dabei auf der Prioritätenliste weit oben. Wegen der reichlich vorhandenen Ressource Erdgas und der Nähe zu führenden Märkten stehen die Chancen gut, künftig eine weltweite Führungsrolle zu übernehmen.

Den VAE liegen auch Zusagen von Regierungen und halbstaatlichen Unternehmen Japans, Indiens und Südkoreas für die Zusammenarbeit im Wasserstoffsektor vor. Auch mit Deutschland will man eng zusammenarbeiten, etwa im Rahmen der Energiepartnerschaft Emirati-German Energy Partnership. Sie fördert nun schon seit 2017 den Dialog rund um die Themen zur Energiewende zwischen der öffentlichen Hand und der Industrie beider Regionen.

Siemens Energy schloss im Jahr 2021 eine strategische Partnerschaft mit der Mubadala Investment Company, der weltweit tätigen Investmentgesellschaft aus Abu Dhabi. Ziel der Kooperation ist es, die technologische Entwicklung voranzutreiben, die Kosten für die Produktion zu senken und grünen Wasserstoff samt Folgeerzeugnissen zu produzieren, wie zum Beispiel synthetische Kraftstoffe für Pkws und Flugzeuge.

Die Entwicklung von grünem Wasserstoff steckt weltweit noch in den Kinderschuhen. Doch auch in diesem Sektor wollen die VAE früh eine führende Rolle übernehmen. Und sie haben zumindest zwei ideale Voraussetzungen dafür: In der Region können Sonne und Wind reichlich für erneuerbare Energie sorgen – die Grundlage für grünen Wasserstoff. Zum Vergleich: Während die VAE pro Quadratmeter und Jahr 2.150 Kilowattstunden Sonnenenergie nutzen können, sind es in Deutschland nur 1.000 Kilowattstunden.

Sonne gibt es satt, Wasser fehlt

Allerdings muss der Wüstenstaat einen großen Nachteil hinnehmen: Für die zur Gewinnung von Wasserstoff notwendige Elektrolyse braucht es Wasser, und das kommt aus Entsalzungsanlagen. Länder mit größeren Süßwasserressourcen haben in diesem Punkt also einen Kostenvorteil gegenüber den Golfstaaten. Zum Ausgleich setzen diese deshalb seit Jahren auf Innovationen. Mit Erfolg: 2019 wurde im Emirat Dubai mit dem Bau eines per Solarstrom betriebenen Elektrolysesystems begonnen. Es ist das erste seiner Art in der Region Mittlerer Osten/Nordafrika. Die Anlage produziert pro Stunde 20,5 Kilogramm Wasserstoff. Die zweite Generation soll es bereits auf einen Output von zwei Tonnen Wasserstoff pro Stunde bringen.

Experten erwarten, dass der Energieträger Wasserstoff künftig weitere Investitionen anzieht – spätestens, wenn die Produktionskosten deutlich sinken. Energie aus erneuerbaren Quellen steht in großem Umfang zur Verfügung, und die Kosten für die Elektrolyse werden durch Skaleneffekte sinken. Die Prognosen sehen also gut aus, wie auch eine Studie von Dii Desert Energy und Roland Berger zeigt: Bis 2050 werden die Golfstaaten zwischen 70 und 200 Milliarden US-Dollar mit dem kohlenstoffarmen Kraftstoff erwirtschaften.