Februar 2019
Autor: Carsten Ehlers
Als der deutsche Mittelständler Bauer Resources sich im Jahr 2012 dazu entschied, den westafrikanischen Markt zu erschließen, fiel die Wahl für eine Niederlassung auf die senegalesische Hauptstadt Dakar. Bauer Resources agiert als Dienstleister in den Bereichen Wasser, Umwelt und Bergbau. „Die Gründe, Dakar als Sitz des Regionalbüros für Westafrika zu wählen, lagen vor allem in der politisch relativ stabilen Lage des Landes“, erläutert Frank Weimert, Regionaldirektor des Unternehmens in Dakar. Inzwischen boomt der Senegal – im Gegensatz zu damals – auch wirtschaftlich: Das Land am westlichsten Zipfel Afrikas gehört zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Afrika. Für das Jahr 2019 erwartet die Economist Intelligence Unit ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 6,2 Prozent. Ab dem Jahr 2021, wenn die Ölförderung vor der Küste beginnt, dürfte die Dynamik noch einmal deutlich zunehmen. Die Ölvorkommen sind derart attraktiv, dass sich die Großkonzerne BP, Total und Petronas kürzlich Bohrrechte gesichert haben. „Wir hoffen sehr, in naher Zukunft auch Aufträge aus dem Öl- und Gassektor zu erhalten“, fügt Weimert hinzu.
In anderen Sektoren gibt es jetzt schon reichliche Möglichkeiten. Für deutsche Unternehmen dürfte besonders der Ausbau der Infrastruktur von Interesse sein. Im Großraum Dakar wird aktuell viel gebaut, etwa der Vorortzug TER vom französischen Bauunternehmen Eiffage. Geber wie die Weltbank, die Afrikanische Entwicklungsbank, die EU, Frankreich, Türkei, China und auch Deutschland stellen reichlich Kapital für Projekte zur Verfügung. Vor den Toren Dakars entsteht die neue Vorstadt Diamniadio mit Konferenzzentrum, Sporthalle, Hotels, Universität und Industrieparks. Das soll das aus allen Nähten platzende Dakar entlasten. Deutsche Baufirmen sind nicht vor Ort präsent und kommen so kaum in die Verlegenheit, Großprojekte selbst abzuwickeln. Aber sie können deutsche Produkte liefern: Baumaschinen, Werkzeuge, Baustoffe oder Chemikalien.
»Ab 2019 werden wir verstärkt Unternehmen beim Gang nach Senegal begleiten.«
Noémie Simon
Regionalbeauftragte AHK Ghana
noemie.simon@ghana.ahk.de
www.ghana.ahk.de
Techniker besprechen den Baufortschritt der Bahntrasse TER in den Vororten von Dakar. Eins von vielen Projekten, die zeigen, wie dynamisch sich der Senegal entwickelt. © SEYLLOU/Kontributor
Maschinenbauer werden aufmerksam
Absatzmöglichkeiten bietet auch die schnell wachsende lokale Konsumgüterindustrie. Neben Abidjan in der Côte d’Ivoire hat sich Dakar zum zweiten großen Industriezentrum im französischsprachigen Westafrika entwickelt. Noch vor zehn Jahren musste fast alles importiert werden. Inzwischen produzieren lokale und internationale Hersteller unter anderem Ketchup, Mayonnaise, Geflügel, Saft, Bonbons, Milchprodukte oder auch Kosmetik und Hygieneprodukte. „Diese Entwicklung steht erst am Anfang“, meint Ousmane Fall, Generaldirektor für Senegal Automation Technology Assistance (SATA). SATA hat sich zum technischen Dienstleister für die Konsumgüterindustrie entwickelt und kooperiert inzwischen mit mehreren ausländischen Lieferanten technischer Komponenten. Martina Claus, Afrikaexpertin in der Sparte Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, bestätigt die positive Entwicklung. „Bei unseren Unternehmen haben wir zuletzt ein verstärktes Interesse am frankofonen Westafrika festgestellt. Gerade Senegal rückt hierbei in den Fokus.“
Dass sich die senegalesische Hauptstadt Dakar zur Handelsdrehscheibe für Westafrika entwickelt hat, könnte die Markterschließung für deutsche Unternehmen jetzt noch interessanter machen. „Das Land hat sich in den letzten zwanzig Jahren als wichtigster regionaler Hub mit guter Anbindung ins Hinterland etabliert“, sagt Weimert von Bauer Resources. Von Dakar aus können Unternehmen einen Markt von derzeit knapp 170 Millionen Einwohnern erschließen. Einen Großteil davon bildet die sogenannte Westafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion Karte, siehe rechts, der unter anderem die frankofonen Länder Mali, Niger, Burkina Faso, Togo, Benin und Côte d’Ivoire angehören. Innerhalb dieser Zone gilt der an den Euro gekoppelte CFA-Franc BCEAO. Die einheitliche Währung erleichtert den regionalen Handel, zudem entfällt für europäische Lieferanten das Währungsrisiko.
Zahlen & Fakten
Menschen leben in den Staaten des französischsprachigen Westafrikas (Prognose 2019). Ein riesiger, aber oft unterschätzter Markt.
Die Bevölkerung in Westafrika wächst rasant. Im Senegal jährlich um etwa 400.000 Menschen, im gesamten frankofonen Westafrika sind es rund 4,3 Millionen Menschen.
soll das senegalesische BIP Prognosen zufolge 2019 wachsen. Auch die anderen Länder in der Region sind auf Wachstumskurs – Côte d’Ivoire: 6,5 Prozent. Burkina Faso, Guinea, Benin: 6,0 Prozent.
Deutsche Unternehmen haben im Jahr 2017 Waren im Wert von 741,9 Millionen Euro in die Länder des frankofonen Westafrikas exportiert.
Quellen: Economist Intelligence Unit, Destatis
Deutsche lassen Senegal außer Acht
Umso überraschender, dass die deutsche Wirtschaft Senegal bislang nahezu völlig außer Acht lässt. Bauer Resources unterhält eine der ganz wenigen deutschen Niederlassungen dort. Die Bundesregierung hat Senegals Potenzial erkannt: Das Land ist eines jener afrikanischen Länder, mit denen Deutschland im Rahmen der G20-Initiative Compact with Africa eine Reformpartnerschaft führt. Das bringt zusätzliche Gelder im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und einen einfacheren Markteintritt für Unternehmen. So betreut die in Accra ansässige Auslandshandelskammer (AHK) Ghana seit 2018 die gesamte Region. „Wir möchten in den kommenden Jahren verstärkt Unternehmen beim Gang in das frankofone Westafrika begleiten“, sagt die Regionalbeauftragte Noémie Simon. Für Senegal zum Beispiel erstellt sie gerade eine Marktstudie zum Potenzial von erneuerbaren Energien, um Unternehmen an den Markt heranzuführen.
Ein Markt für Afrikaneulinge ist Senegal gleichwohl nicht. Über Afrikaerfahrung sollte das Personal beim Markteintritt verfügen, denn Korruption, Einfuhrhemmnisse sowie Intransparenz in der Verwaltung erschweren und verteuern das Geschäft. Es gibt kaum deutsche Firmen, mit denen man sich austauschen kann. Fließende Französischkenntnisse sind unabdingbar. Es empfiehlt sich auch, genau zu prüfen, ob es besser ist, eine Niederlassung zu gründen oder nach einem lokalen Vertriebspartner zu suchen.
Der Besuch von Kanzlerin Angela Merkel im August 2018 zeigte in jedem Fall, wie weit Senegal unter Umständen zu gehen gewillt ist, damit ausländische Gäste sich willkommen fühlen: Bei der Begrüßung spielte die Militärkapelle „Schöne Maid“ von Tony Marshall.
Service & Kontakt
Mitte 2019 veröffentlicht GTAI gemeinsam mit GIZ und der AHK Ghana den Marktführer „Neue Märkte – Neue Chancen – Senegal“. Kostenlos bestellen unter: vertrieb@gtai.de
Weitere Informationen zum Senegal: www.gtai.de/senegal
Projekte und Ausschreibungen zu geberfinanzierten Vorhaben im Senegal: www.gtai.de/projekte-ausschreibungen
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