Dezember 2019
Interview: Andreas Bilfinger
Solarkraftwerk der Africa Green Tec AG aus dem hessischen Hainburg. Auch dank der Investitionsgarantien des Bundes konnte das Unternehmen es im afrikanischen Mali aufbauen. © Africa GreenTec
Das Volumen der Investitionsgarantien ist 2019 im Vergleich zu den Vorjahren deutlich angestiegen – woran liegt das?
An den veränderten politischen Rahmenbedingungen. Deutsche Unternehmen müssen in einem zunehmend schwierigen Umfeld agieren. Investitionsgarantien dienen dabei als systematische Ergänzung zum eigenen Risikomanagement und werden zunehmend nachgefragt. Der politische Geleitschutz der Bundesregierung durch Intervention und Vermittlung ist einfach besonders gut geeignet, um den Eintritt von Schäden zu vermeiden.
Sie meinen damit Handelskriege, zunehmenden Protektionismus und den Aufstieg autokratischer Herrscher in vielen Teilen der Welt?
Die Unternehmen sind diesbezüglich natürlich besorgt. Es geht aber auch um den zunehmenden Trend zur Lokalisierung. Der macht es oftmals unumgänglich, den Schritt ins Ausland zu wagen. So investieren Unternehmen in spannende und aussichtsreiche Märkte, die auf der einen Seite mit unternehmerischen Chancen und auf der anderen Seite mit politischen Risiken verbunden sind.
Wird das Garantievolumen in den kommenden Jahren weiter steigen?
Ich denke ja. Nach Einschätzung internationaler staatlicher und privater Exportkredit- und Investitionsversicherer stellen die zunehmenden Spannungen im Welthandel eine wachsende Herausforderung für die Wirtschaft dar. Die steigende Unsicherheit bei den Unternehmen sorgt für eine stetige Nachfrage nach Instrumenten zur Absicherung von Investitionen gegen politische Risiken.
Zur Person
Michael Huber-Saffer ist Partner bei Pricewaterhouse Coopers (PwC) und seit 2001 im Bereich der Außenwirtschaftsförderung des Bundes tätig. PwC berät im Auftrag der Bundesregierung deutsche Investoren und finanzierende Banken bei der Risikoabsicherung von Auslandsvorhaben. Nach mehreren Rollen im Bereich der Investitionsabsicherung und der Prüfung von internationalen Bankrisiken sowie einer Auslandsstation in Irland leitet Michael Huber-Saffer seit 2014 den Bereich Investitionsgarantien des Bundes.
In welchen Branchen ist die Nachfrage derzeit besonders hoch?
Der Schwerpunkt der Garantieübernahmen im ersten Halbjahr 2019 lag auf der Kraftfahrzeugindustrie, der chemischen und pharmazeutischen Industrie sowie im Baustoffsektor. Bei der Energiewirtschaft sehen wir zudem einen deutlichen Trend in Richtung erneuerbarer Energien. Das wird natürlich stark durch die aktuellen öffentlichen Debatten begünstigt.
Und für welche Länder werden die Investitionsgarantien am häufigsten nachgefragt?
Für Asien, vor allem China und Indien, gefolgt von Osteuropa mit Ländern wie Belarus, Russland und der Türkei. In letzter Zeit kommen aber immer mehr Länder hinzu. 2018 hat der Bund zum Beispiel erstmalig Garantien in Ländern wie Armenien, Mali, Kirgisistan oder Mosambik übernommen. Der Anteil Afrikas am Portfolio hat sich mit elf Prozent im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht – da waren es noch 0,2 Prozent. Diese Trends haben sich auch 2019 fortgesetzt.
Woran liegt das?
An einer steigenden Unsicherheit in den klassischen Investitionsländern. Die Unternehmen müssen also neue Märkte erschließen. Außerdem fördert die Bundesregierung Investitionen in Afrika.
Investitionsgarantien – Geleitschutz
Investitionsgarantien des Bundes sichern förderungswürdige Direktinvestitionen deutscher Unternehmen im Ausland gegen politische Risiken ab.
Garantiefähig sind Beteiligungen an ausländischen Projektgesellschaften, beteiligungsähnliche Darlehen, Kapitalausstattungen von Niederlassungen sowie andere vermögenswerte Rechte.
Eine Bearbeitungsgebühr fällt erst für ein Investitionsvolumen von mehr als fünf Millionen Euro an und beträgt 0,05 Prozent des Höchstbetrags der Garantie. Während der Garantielaufzeit beträgt der jährliche Entgeltsatz auf den garantierten Höchstbetrag in der Regel 0,5 Prozent pro Jahr.
Über die Übernahme von Investitionsgarantien entscheidet ein Interministerieller Ausschuss unter der Leitung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Pricewaterhouse Coopers bearbeitet die Investitionsgarantien im Auftrag der Bundesregierung als Mandatar des Bundes.
Wann lohnt es sich für ein Unternehmen, eine Investitionsgarantie zu beantragen?
Investitionsgarantien schützen gegen politische Risiken, die ein Unternehmen nicht beeinflussen kann. Sie sind ein wichtiger Baustein des Risikomanagements. Eine Investitionsgarantie ist immer dann sinnvoll, wenn ein deutsches Unternehmen eine Direktinvestition in Entwicklungs- und Schwellenländern vornimmt, um vor Ort ein langfristig orientiertes unternehmerisches Engagement aufzubauen.
Das heißt umgekehrt: Bei Investitionen in etablierten Märkten sind sie nicht nötig?
Genau. Kurzfristig orientierte Projekte, die zum Beispiel als reine Kapitalanlage ohne unternehmerisches Risiko dienen, wären ohnehin nicht absicherungsfähig.
Ist das Instrument Investitionsgarantie im deutschen, exportorientierten Mittelstand bekannt genug?
Zunehmender Wettbewerb und Lokalisierungsanforderungen führen nun vermehrt dazu, dass auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sich der Herausforderung einer Investition in weiter entfernten Märkten stellen müssen. In den vergangenen beiden Jahren ist daher der Anteil von KMU an den neu übernommenen Garantien auf etwa ein Drittel stark angestiegen. Letztlich gilt es aber, die Bekanntheit des Instruments weiter zu vergrößern.
Welches Projekt hat Sie in der jüngeren Vergangenheit besonders beeindruckt?
Im Jahr 2018 sicherte die Bundesregierung ein Solarprojekt der Firma Africa GreenTec Asset GmbH (AGT) in Mali ab. Die von AGT entwickelten modularen Solartainer können ohne CO2– und Schadstoffausstoß bis zu 4.000 Menschen, 40 Gewerbe und zehn Gemeinschaftseinrichtungen mit Strom versorgen. Die Finanzierung des Projekts erfolgte im Wesentlichen über die Zeichnung von Anleihen. Nach Angaben des Unternehmens war die Unterstützung durch die Bundesregierung ein zentraler Baustein beim Risikomanagement und der Finanzierung des Projekts.
Service & Kontakt
Weitere Informationen gibt es unter: www.investitionsgarantien.de
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