»Wir sind von Anfang an im Boot«

Edna Schöne ist im Vorstand von Euler Hermes für das Bundesgeschäft des Kreditversicherers verantwortlich. Im Interview spricht sie über aussichtsreiche Auslandsmärkte, das Prüfverfahren und die Beratungsleistungen für Exporteure und Banken.

Februar 2018
Autor: Andreas Bilfinger

Frau Schöne, welche Länder rangieren bei Hermesdeckungen ganz oben?

Der Bund sichert jedes Jahr Lieferungen und Leistungen in mehr als 100 Länder mit Exportkreditgarantien ab. Systembedingt bilden die BRICS-Staaten einen Schwerpunkt, insbesondere Russland. In den letzten Jahren auch die Türkei und Ägypten.

Was für Geschäfte sichert der Bund ab?

Auslandsgeschäfte von Exporteuren, die in Deutschland niedergelassen sind. Das Geschäft muss förderungswürdig und risikomäßig vertretbar sein. Kriterien für die Förderungswürdigkeit sind unter anderem die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen sowie der Erhalt oder die Erschließung von Absatzmärkten. Das Geschäft muss ohne Korruption zustande gekommen sein. Mögliche Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsaspekte werden berücksichtigt. Auch außen-, entwicklungs- sowie strukturpolitische Aspekte können eine Rolle spielen. Die risikomäßige Vertretbarkeit liegt vor, wenn wir mit hinreichender Sicherheit von einem schadensfreien Verlauf ausgehen können. Dafür wird die Bonität des Auslandschuldners bewertet, aber auch das politische Risikoumfeld.

Wie prüft Euler Hermes, dass der Bund keine Geschäfte absichert, die durch Korruption zustande gekommen ist?

Exporteure und Banken müssen für jeden Deckungsantrag eine Erklärung dazu abgeben, dass das Geschäft nicht durch strafbare Handlungen zustande gekommen ist. In bestimmten Fällen erfolgt darüber hinaus eine vertiefte Prüfung der Einzeltransaktion und des Compliance-Systems des Unternehmens.

Und wenn Sie etwas übersehen haben? Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass nicht alles sauber gelaufen ist?

Stellt sich im Schadenfall heraus, dass das Geschäft nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde oder aber durch Korruption zustande kam, ist der Bund von der Haftung befreit. Im Schadenfall geht der Deckungsnehmer dann leer aus.

Gilt dasselbe auch, wenn Unternehmen Umweltstandards, Menschenrechte oder Sozialauflagen verletzen?

Der Exporteur hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Entschädigungszahlungen des Bundes, wenn die im Antragsverfahren gemachten Angaben nicht der Wahrheit entsprachen oder wenn er gegen etwaige Auflagen der Deckung verstoßen hat.

»Die Antragsvolumina für Afrika ­steigen, wenn auch auf niedrigem Niveau. Das wird noch interessant.«

Edna Schöne, Vorstand von Euler Hermes

Sprechen wir über Trends: Lassen sich aus der Zahl der Anträge und bewilligten Deckungen Rückschlüsse darauf ziehen, welche Märkte für Exporteure interessant sind oder es werden könnten?

Die BRICS-Staaten werden weitere wichtige Auslandsmärkte für deutsche Unternehmen bleiben. Das in den letzten zwei Jahren deutlich zurückgegangene Auslandsgeschäft nach Brasilien scheint sich etwas zu erholen. Darüber hinaus nimmt das Interesse an Argentinien und dem Mittleren Osten zu. Interessant wird auch die Entwicklung in Afrika – wenngleich auf einem noch niedrigen Niveau, sehen wir in den letzten Jahren zunehmende Antragsvolumina.

Was hat sich in Afrika geändert? Wie sieht die aktuelle Deckungspolitik für die Länder Afrikas aus?

Deckungen für Afrika sind nicht neu. Bereits in der Vergangenheit konnten in den meisten afrikanischen Staaten Geschäfte mit privaten Bestellern zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen abgesichert werden. Projekte zu Kreditbedingungen haben wir vor allem in Nordafrika gedeckt. Für die Region Subsahara ist die Nachfrage nach längerfristigen Zahlungsbedingungen noch vergleichsweise gering. Hier hat die Bundesregierung aber bereits Ende 2014 begonnen, die Deckungsmöglichkeiten weiter zu öffnen. Inzwischen können auch in Ländern wie Nigeria, Ghana, Äthiopien, Mosambik, Tansania, Senegal, Uganda, Ruanda, Cote d’Ivoire und in Togo wieder Geschäfte mit dem öffentlichen Sektor gedeckt werden.

Ist es für Mittelständler dennoch besonders aufwendig, für afrikanische Staaten Hermesdeckungen zu bekommen?

Die Antragsbearbeitung für Afrikageschäfte verläuft nicht anders als bei anderen Absicherungsgeschäften. Dennoch müssen sich Exporteure auf einige Besonderheiten einstellen. So gibt es in einigen Ländern Subsahara-Afrikas einen erhöhten Selbstbehalt von zehn Prozent. Bei Absicherungsgeschäften mit dem öffentlichen Sektor sind in diesen Ländern zudem generell Sicherheiten des Finanzministeriums oder der Zentralbank erforderlich.

Aber Sie unterstützen die Unternehmen dabei?

Ja. Das ist ein wichtiger Aspekt der Beratungsleistung. Wir begleiten die Exporteure, sind von Anfang an im Boot. Die Beratung und Betreuung beginnt bereits in der Phase der Geschäftsanbahnung und geht weit über die Vertragsunterzeichnung hinaus. Wir sind Ansprechpartner und Lösungsanbieter. Auf Wunsch begleiten unsere Firmenberater die Unternehmen auch in Projektbesprechungen mit der finanzierenden Bank.

Gehen Sie auch Themen wie Wirtschafts- und Menschenrechte, Korruption oder verschärfte Berichtspflichten mit den Antragstellern durch?

Ja, natürlich. Das sind alles Punkte, die in der Beratung zur Sprache kommen. Im vergangenen Jahr beispielsweise hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Wir weisen die Exporteure nicht nur darauf hin, dass es diesen Plan gibt, sondern auch, was er für sie bedeutet; welche Auswirkungen er auf die Antragsstellung hat. Ähnlich gehen wir vor, wenn neue Produkte auf den Markt kommen, Serviceleistungen erweitert werden oder wenn es Änderungen bei den Antragsformularen oder den einzureichenden Unterlagen gibt.

Ist die Beratung kostenpflichtig?

Die Beratungsleistung erfolgt im Auftrag des Bundes und ist kostenlos.

Euler Hermes

Sicherheit für ­Exporteure

Als Dienstleister des Bundes bearbeitet Euler Hermes die Exportkreditgarantien der Bundesrepublik Deutschland, besser bekannt als Hermesdeckungen. Deutsche Exporteure und die sie finanzierenden Banken können sich damit gegen politisch und wirtschaftlich bedingte Forderungsausfälle absichern. Für den Schutz zahlt der Deckungsnehmer eine risikoadäquate Versicherungsprämie. Der nicht versicherte Selbstbehalt liegt je nach Absicherungsart zwischen fünf und 15 Prozent.

Drei Viertel der Anträge auf Exportkreditgarantien stammen von Mittelständlern. Hermesdeckungen kommen vor allem dort zum Einsatz, wo kein ausreichender Versicherungsschutz der privaten Versicherungswirtschaft besteht – weil private Versicherer das Risiko nicht tragen wollen, das Volumen zu groß oder die Kreditlaufzeit zu lang ist.

Bei Geschäften zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen (bis zu zwei Jahren) innerhalb der Europäischen Union (EU) fällt die Absicherung in den Bereich der privaten Versicherungswirtschaft. Eine Ausnahmeregelung der EU-Kommission für Griechenland läuft noch bis zum 30. Juni 2018. So lassen sich Ausfuhren dorthin auch mit Zahlungszielen von unter zwei Jahren über eine staatliche Exportkreditgarantie absichern.

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