April 2022
Autorinnen: Yevgeniya Rozhyna und Karin Appel
Welches Rechtssystem gilt in Aserbaidschan?
Gemäß der Verfassung von 1995 ist die Republik Aserbaidschan ein demokratischer Staat, in dem ein Parlament die Gesetze verabschiedet. Das Rechtssystem ist vom römisch-germanischen Recht geprägt und enthält Elemente des sowjetischen Rechts. Es wird seit der Unabhängigkeit Aserbaidschans stetig reformiert. Die Grundprinzipien des Rechts ähneln denen der übrigen GUS-Staaten, was die Kooperation mit anderen eurasischen Ländern erleichtert. Die Hauptquellen des Rechts sind die Gesetzgebung und andere normative Akte wie etwa Beschlüsse, Richtlinien der Ministerien oder Verordnungen der zentralen Exekutivbehörden. Internationale Abkommen sind ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Gesetzgebung.
Was müssen Ausländer beachten, die in Aserbaidschan investieren wollen?
Eine Reihe von Gesetzen schützt die Interessen der Investoren, wie zum Beispiel die Unverletzlichkeit des Rechts auf Eigentum oder die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für ansässige und nicht ansässige Unternehmen. Es gibt grundsätzlich keine Tätigkeitsverbote für ausländische Unternehmen, allerdings müssen sie für bestimmte Projekte eine staatliche Lizenz anfordern. Dies gilt unter anderem für die Verwertung von giftigen Industrieabfällen, bei privaten Gesundheitseinrichtungen, im Telekommunikationssektor, bei Ingenieursdienstleitungen sowie bei der Errichtung von Gebäuden und Anlagen. In bestimmten Fällen können sie beim Wirtschaftsministerium Steuererleichterungen beantragen. Zudem sollten sie beachten, dass ein hoher bürokratischer Aufwand die normalen Geschäftsabläufe verzögern kann.
Wie gründet man eine Gesellschaft in Aserbaidschan?
Die Gründung einer Gesellschaft ist allen ausländischen Bürgern erlaubt. Eine beliebte Rechtsform ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die der deutschen GmbH entspricht. Die lokalen Vorschriften sind gründungsfreundlich und sehen flexible Regelungen vor. Für das Registrierungsverfahren gilt das One-Stop-Shop-Prinzip, sodass es genügt, den Antrag beim Ministerium der Finanzen zu stellen. Man benötigt keine Mindestkapitaleinlage. Für die Kontoeröffnung ist es ratsam, eine in Aserbaidschan ansässige Person als leitendes Organ zu beschäftigen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Bank die Kontoeröffnung nicht erlaubt.
Wie sollte man sich bei einem Rechtsstreit verhalten?
Aserbaidschanische Gerichte sind für Rechtsstreitigkeiten in Zivil- und Wirtschaftssachen zuständig, wenn eine der am Verfahren beteiligten Personen ausländischer Staatsbürger ist und einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in Aserbaidschan hat. Juristische Personen können eine Gerichtsvereinbarung zugunsten der Zuständigkeit eines aserbaidschanischen oder eines ausländischen Gerichts abschließen. Die heimischen Gerichte sind jedoch grundsätzlich für Streitigkeiten zuständig, bei denen es zum Beispiel um die Auflösung von in Aserbaidschan ansässigen juristischen Personen, um Zwangsvollstreckungen sowie um Ansprüche aus Speditionsverträgen geht. Es ist möglich, Rechtsstreitigkeiten vor einem Schiedsgericht auszutragen. Die ergangenen Schiedssprüche können genauso wie die ausländischen Gerichtsentscheidungen vollstreckt und anerkannt werden.
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Wie hoch sind die Einfuhrzölle in Aserbaidschan? Gibt es Vergünstigungen?
Die durchschnittliche Zollbelastung liegt bei etwa sieben Prozent. 2018 hat Aserbaidschan seinen siebenstufigen Zollsatz (0, 0,5, 1, 3, 5, 10 und 15 Prozent) durch neue dreistufige Zollsätze (0, 5, 15 Prozent) ersetzt. Vergünstigungen gibt es nur im Rahmen der Einfuhrumsatzsteuer: So sind unter anderem Waren zur humanitären und technischen Hilfe oder für die Erdöl- und Erdgasindustrie von der Steuer befreit.
Müssen für bestimmte Waren Einfuhrgenehmigungen beantragt werden?
Ja, der Import bestimmter Warenarten erfordert eine Einfuhrgenehmigung und eine entsprechende Lizenz zum Handel dieser Waren. Betroffen sind insbesondere Ethylalkohol und alkoholische Getränke, Tabakerzeugnisse, Öl- und Gasprodukte, Edelmetalle und Steine, Ausgangsstoffe von Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen sowie (Tier-)Arzneimittel. Auch für die Einfuhr radioaktiver Stoffe und Dual-Use-Güter müssen Firmen eine Genehmigung einholen.
Sind bei der Einfuhr in Aserbaidschan besondere Normen und Qualitätsanforderungen zu beachten?
Das aserbaidschanische Standardisierungsverfahren AZStandard (AZS) sieht für eine Vielzahl von Waren eine verpflichtende Zertifizierung vor. Hauptziel dieser Zertifizierung ist es, Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum und Umwelt abzuwehren. Daher gehören zu den zertifizierungspflichtigen Produkten unter anderem Lebensmittel, bestimmte Textilien, Haushaltstechnik und Kinderspielzeug. Durch eine Konformitätsbescheinigung kann der Importeur nachweisen, dass seine Ware den technischen Standards in Aserbaidschan entspricht. Um international anerkannte Normen und Standards schrittweise einzuhalten, hat Aserbaidschan 2019 ein entsprechendes Normungsgesetz verabschiedet. Derzeit liegt der Harmonisierungsgrad der staatlichen Standards in Aserbaidschan, verglichen mit denen der Europäischen Union beziehungsweise mit anderen internationalen Normen, bei ungefähr 45 Prozent.
Gibt es besondere Etikettierungs- und Kennzeichnungsvorschriften in Aserbaidschan?
Ja, für einige Warengruppen. Kennzeichnungspflichtig sind zum Beispiel Lebensmittel und landwirtschaftliche Erzeugnisse, Futtermittel, Tabakerzeugnisse und alkoholische Getränke. Handelt es sich um ausländische Waren, ist eine Übersetzung in Aserbaidschanisch beizufügen.
Service & Kontakt
Ihre GTAI-Ansprechpartnerin für Zollfragen zu Aserbaidschan
Karin Appel
+49 228 24 993 351
Ihre GTAI-Ansprechpartnerin für ausländisches Wirtschaftsrecht Aserbaidschan
Yevgeniya Rozhyna
+49 228 24 993 362
Zoll und Einfuhr kompakt – Aserbaidschan: Überblick über Einfuhrverfahren, Warenbegleitdokumente, zu zahlende Abgaben sowie Verbote und Beschränkungen.
Recht kompakt – Aserbaidschan: Überblick über relevante Rechtsthemen bei einem Auslandsengagement.
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