Februar 2020
Autorin: Heena Nazir
Biobäckerei in Dubai: Auch die hessische Bäckerei Scarlet Bakery GmbH hat diese Nische für sich entdeckt und ist mit traditioneller Backkunst in den Vereinigten Arabischen Emiraten präsent. © Lutz Jaekel/laif
Das hessische Unternehmen Scarlet Bakery GmbH hat eine Marktnische in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) entdeckt – traditionelle Backkunst ohne künstliche Zusatzstoffe. Mohammad Scarlet, Manager der Bäckerei, ist seit zwei Jahren mit der Expansion am Golf beschäftigt: „Es war bis zur Eröffnung ein nicht ganz einfacher Weg, aber die richtige Entscheidung“, sagt er. Die Hessen hatten sich noch vor der Reform des neuen Investitionsgesetzes für die Expansion entschieden und eine sogenannte Onshore LLC gegründet – eine Rechtsform, die der deutschen GmbH ähnelt und zwingend einen emiratischen Mehrheitspartner erfordert, der mindestens 51 Prozent der Firma besitzt. Das Foreign Direct Investment Law (FDIL) soll es ausländischen Investoren künftig leichter machen: Sie dürfen nun bis zu 100 Prozent der Anteile einer emiratischen Firma halten. Die Reform soll mehr Investoren in die sonnenreichen Emirate locken.
Öl befördert das Wirtschaftswachstum
Mit der Öffnung bewegen sich die VAE weiter auf ihrem Reformkurs. Die Wirtschaft der Emirate ist zwar inzwischen diversifiziert – besonders in Dubai –, dennoch ist das Land auch heute noch vom Öl abhängig. Im Jahr 2018 machte es 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Während der Ölsektor 2019 um fünf Prozent wuchs, nahm der Nichtölsektor lediglich um 1,4 Prozent zu.
Seit dem Ölpreisverfall im Jahr 2014 sinken die Einnahmen jedoch und die VAE suchen nach neuen Verdienstquellen. Um attraktiver zu werden, haben sie im vergangenen Jahr erstmals sogenannte Goldene Visa vergeben, die zehn anstatt zwei bis drei Jahre gelten. Zudem hat die Regierung das Insolvenzrecht für Firmen und natürliche Personen reformiert und entkriminalisiert. Das FDIL gilt seit Ende 2018, im Juli 2019 folgte eine Positivliste mit Branchen, in denen Ausländer künftig als Mehrheitspartner investieren dürfen. siehe rechts, Dienstleistungssektor im Fokus
Das Gesetz bezieht sich allerdings nur auf das Staatsgebiet der VAE und nicht auf die Freihandelszonen. Es gibt darin föderale Mindestvorgaben, die erfüllt werden müssen, ansonsten können die sieben Emirate die Vorschriften frei auslegen. „Bisher gibt es hier noch wenig Klarheit“, berichtet Verena Nosko, Legal Consultant bei der Kanzlei Strohal Legal. Sie geht davon aus, dass ein Mehrheitsanteil von „maximal 70 bis 80 Prozent genehmigt wird“. Ohne einheimischen Partner geht also auch in Zukunft nichts.
Freihandelszonen als Alternative
Die 45 Freihandelszonen bleiben interessant, vor allem, wenn es den Investoren um die ganze Region geht. Sie bieten umfangreiche Services sowie langfristige Richtlinien zu Steuern und dem Abziehen von Gewinnen. „Darüber hinaus gibt es dort eine Art sektor-spezifisches Ökosystem, eine gute Infrastruktur und Möglichkeiten, sich mit anderen Unternehmern zu vernetzen“, sagt Bassel Bitar, Geschäftskundenmanager der Freihandelszone Dubai Multi Commodities Centre.
Dank der Freihandelszonen hat sich der Wüstenstaat seit Anfang der 2000er-Jahre zu einem regionalen Hub für mehr als 800 deutsche Unternehmen entwickelt. Standortvorteile sind die politische Stabilität, eine liberale Wirtschaftspolitik, eine ausgezeichnete Infrastruktur und niedrige Steuern.
Jetzt wollen die Emirate noch mehr internationale Expertise anlocken, besonders in den Bereichen Smart City, Transport, Medizintechnik, erneuerbare Energien, Raumfahrt und künstliche Intelligenz. Dafür setzen sie auf attraktivere Rahmenbedingungen, Inkubatoren sowie Großaufträge – und die Gesetzesnovelle.
Ob die Reform kurzfristig für mehr Investitionen sorgt, ist fraglich. Viele Unternehmer vor Ort bezweifeln, dass eine Gründung im Alleingang überhaupt umsetzbar ist. So auch Mohammad Scarlet: „Ein lokaler Partner kann Türen öffnen und Licht ins Dunkel der lokalen Gegebenheiten bringen“, sagt er.
Branchencheck
Dienstleistungssektor im Fokus
Die Öffnung des Staatsgebiets ist für zahlreiche Branchen relevant, solange sie vor allem den lokalen Markt bedienen wollen. Besonders im Dienstleistungsbereich können Unternehmer, die für sich eine Marktnische entdeckt haben, theoretisch ohne lokalen Partner gründen. Die größten Wachstumspotenziale bieten Branchen, die ausdrücklich in der Positivliste der Regierung genannt werden wie Lebensmittelproduktion und Vertrieb, Gastronomie, Gesundheit und Beratung. Ebenso bieten Chemie und Petrochemie bis hin zu Zukunftstechnologien große Potenziale.
Service & Kontakt
Ihr GTAI-Ansprechpartner für die VAE
Manfred Tilz
+49 228 249 993 234
Mehr zu den VAE gibt es unter: www.gtai.de/vereinigte-arabische-emirate
Kommentare (0)
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!