August 2018
Autorin: Corinna Päffgen
Amazons kassenloser Supermarkt in Seattle hat einen großen Medienrummel ausgelöst. Ausgerechnet der US-Riese, gegen den Trump gelegentlich auf Twitter poltert, profitiert von der Steuerreform und zahlt in den USA nun noch weniger Steuern.
©picture alliance/AP Photo
Mehr als 1.000 Seiten umfasst der TCJA, kurz für Tax Cuts and Jobs Act. US-Präsident Donald Trump hat seine Steuerreform in Rekordgeschwindigkeit umgesetzt. Sie soll nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche zu mehr Investitionen führen und zugleich einer Erosion des Steueraufkommens entgegenwirken. Herzstück ist die Senkung der Unternehmenssteuer von 35 Prozent auf 21 Prozent auf Bundesebene. Zudem sieht die Reform vor, bestimmte neu beschaffte Vermögensgüter, wie zum Beispiel Maschinen, bis zum Jahr 2022 sofort abzuschreiben. Von der drastischen Steuersenkung und den verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten profitieren in erster Linie US-Unternehmen, aber auch ausländische Unternehmen mit US-Töchtern.
Bei der Verlustverrechnung ist Unternehmen ein Verlustrücktrag nun nicht mehr möglich. Verluste können seit Anfang des Jahres dafür unbegrenzt vorgetragen werden. Allerdings darf man diese nur bis zu 80 Prozent vom steuerpflichtigen Einkommen abziehen. Neu ist zudem eine Zinsschranke: Sie sieht vor, dass Zinsaufwendungen vom zu versteuernden Einkommen nicht mehr steuerlich unbegrenzt abgezogen werden dürfen. Das bedeutet, dass Zinsaufwendungen nur noch steuerlich geltend gemacht werden können, soweit sie Zinserträge übersteigen, maximal jedoch bis 30 Prozent. Das zu versteuernde Einkommen entspricht dabei dem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.
Grundsätzlich „überwiegen die positiven Aspekte“, so Matthias Amberg, Steuerberater und Partner der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Rödl & Partner in Chicago in einem Interview Anfang des Jahres in der „Wirtschaftswoche“. „Die Reform bietet deutschen Unternehmen gute Wachstumschancen.“ Sogar die Bundesregierung stuft zumindest Teile der Steuerreform als positiv ein: Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor.
Diese Entwicklung war in dieser Form nicht unbedingt zu erwarten. Vor der endgültigen Verabschiedung der Reform verbreitete die Idee einer sogenannten Destination-Based Corporate Cash-Flow Tax, kurz: DBCFT, Angst und Schrecken unter Exporteuren. Immerhin: Die USA haben dieses Konzept inzwischen aufgegeben.
Praktische Hinweise
Das ist für deutsche Exporteure jetzt wichtig
- Exportunternehmen sollten überlegen, ob die Gründung einer US-Tochtergesellschaft, beispielsweise für Vertrieb und Produktion, infrage kommt, um von der Steuersenkung und den Abschreibungsmöglichkeiten zu profitieren.
- Verbundene Unternehmen sollten ihre Leistungsbeziehungen überprüfen und gegebenenfalls die Wertschöpfungskette im Hinblick auf die neu eingeführte BEAT-Steuer überarbeiten.
- Es empfiehlt sich, die Finanzierungsstrukturen im Hinblick auf die neu eingeführte Abzugsbeschränkung für Zinsaufwendungen zu überprüfen und eventuell anzupassen. Außerdem sollten Unternehmer die steuerliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen überprüfen.
- Deutsche Unternehmer sollten analysieren, inwiefern sich Wertminderung der Verlustvorträge und Vorträge nicht abzugsfähiger Zinsen auf den Jahresabschluss auswirken.
Paradigmenwechsel im Steuerrecht
Der TCJA sieht eine Abkehr vom Welteinkommensprinzip zum Territorialprinzip vor. Das bedeutet, dass US-Unternehmen nicht mehr ihr gesamtes Welteinkommen in den USA besteuern müssen, sondern nur noch die Einkünfte, die auch in den USA erwirtschaftet wurden. Die Konsequenz: Künftig werden ausländische Dividenden freigestellt, sofern eine Beteiligung von mindestens zehn Prozent gehalten wird, das sogenannte Schachtelprivileg. Zudem fallen auf Gewinne von Auslandstöchtern künftig keine Steuern mehr an. Altgewinne, die im Unternehmen verbleiben, werden einmalig mit einer sogenannten Toll Tax nachbesteuert.
Um das nationale Steueraufkommen zu sichern, haben sich die USA jedoch noch mehr einfallen lassen. So gibt es beispielsweise auch eine Steuer namens BEAT, kurz für Base Erosion and Anti-Abuse Tax. BEAT ist eine Art Verrechnungspreissteuer und betrifft Unternehmen mit einem durchschnittlichen Umsatz von mehr als 500 Millionen US-Dollar sowie Betriebsausgaben von mindestens drei Prozent. Die Steuer soll verhindern, dass ausländische Unternehmer ihre Gewinne über Tochtergesellschaften verringern. Unklar ist noch, ob BEAT gegebenenfalls gegen den Grundsatz der Inländergleichbehandlung der Welthandelsorganisation verstößt.
Neu ist GILTI, kurz für Global Intangible Low-Taxed Income, eine Mindeststeuer auf Auslandsgewinne. Ihr Ziel: Sie soll verhindern, dass Unternehmen immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente, Marken und Urheberrechte aus den USA heraus in Niedrigsteuerländer verlagern und so Gewinne durch konzerninterne Zahlungen verschieben.
Als Anreiz dient hingegen die neue Regelung Foreign Derived Intangible Income, kurz: FDII. Sie soll Unternehmen anregen, Produktion und geistiges Eigentum in den USA anzusiedeln. Gewinne aus dem Export von Waren und Dienstleistungen werden demnach nämlich niedriger besteuert, vorausgesetzt, sie stammen aus der Verwertung von immateriellen Wirtschaftsgütern.
Deutschland im Steuerwettbewerb?
Die USA hat sich mit der neuen Reform schlagartig von einem Hochsteuerland zu einem steuerlich international attraktiven Standort gewandelt. Damit dürfte der Wettbewerb um niedrige Steuersätze auf Unternehmensgewinne weiter angeheizt werden. Die Bundesregierung hält demgegenüber das deutsche Unternehmenssteuerrecht und deutsche Unternehmen grundsätzlich für wettbewerbsfähig. Das sieht Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Institutes in München, kritischer: Seiner Ansicht nach muss Deutschland sein Unternehmenssteuerrecht reformieren und dabei unter anderem die Gewerbesteuer auf den Prüfstand stellen, um weiterhin international mithalten zu können.
Service & Kontakt
Die US-Steuerreform im Wortlaut (Englisch)
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